15.02. Tobias Neuburger: Das Fortleben des Antiziganismus

„Sie neigen, wie die Erfahrung zeigt, zur Kriminalität…“ Dieses Satzfragment entstammt einem richtungsweisenden Urteil des Bundesgerichtshofs vom Januar 1956 und verweist eindrücklich auf das Fortleben des Antiziganismus im postnazistischen Deutschland. Die Richter wiesen damit aber nicht nur Entschädigungsansprüche von überlebenden Sinti_zze und Rom_nja zurück und verharmlosten zudem die rassistische Verfolgungspraxis im Nationalsozialismus wie auch Deportationen in die Vernichtungslager als legitime Form polizeilicher Verbrechensbekämpfung. Der ungebrochene Antiziganismus nach 1945, wie er aus diesen Worten spricht, übernimmt darüber hinaus selbst eine Funktion der Schuldabwehr und der Leugnung des vergangenen Rassismus. Wie aber kommt es, dass viele Menschen den Antiziganismus bis heute immer wieder neu für sich entdecken und glauben, dass ihre Erfahrung die Vorurteile bestätigen? Der Vortrag bietet eine Einführung in die jüngere Geschichte des Antiziganismus und beleuchtet Wirkungsweisen dieses Ressentiments.

Tobias Neuburger ist Soziologe und Kulturwissenschaftler. Er forscht derzeit zu Mechanismen des institutionellen Antiziganismus in urbanen Räumen an der Leibniz Universität Hannover und ist Lehrbeauftragter an der Hochschule Hannover.

Die Veranstaltung findet online via Zoom statt, eine Anmeldung ist nicht nötig.

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