Weltfrieden made in China – der Herrschaftsanspruch Xi Jinpings und die Gegenhegemonie des Tianxia
Vortrag und Diskussion mit Michael Heidemann
In Kooperation mit der Fachschaft Philosophie der Universität Münster
Hinweis: Der Vortrag wurde aufgrund des G7-Treffens vom 3.11. auf den 24.11. verschoben.
Online-Teilnahme: https://wwu.zoom.us/j/65162541230?pwd=SFAreWNRTUhXQXc4SytrcG9YZ0h3Zz09
Ankündigung: Am 23. Oktober dieses Jahres sicherte sich Chinas diktarorischer Machthaber Xi Jinping auf dem 20. Parteitag der Kommunistischen Partei seine dritte Amtszeit als Generalsekretär – seit den Zeiten Mao Zedongs gab es keinen chinesischen Politiker mit einer solchen Machtfülle. Entschlossen skizziert Xi den »chinesischen Traum von der großen nationalen Renaissance«. Seit seiner Amtsübernahme 2012 ist er darum bemüht, Chinas wachsende ökonomische Potenz in eine zunehmend auch ideologische und kulturelle Gegenhegemonie zur menschenrechtsbasierten internationalen Ordnung zu übersetzen. Als wüsste Xi ganz genau um die ›Kultursensibilität‹ der identitätspolitisch sozialisierten jungen Generation im Westen, sendet er immer wieder die betont friedvolle Botschaft, »mit kultureller Überheblichkeit aufräumen« zu wollen, »um kulturelle Koexistenz zu ermöglichen.« Dem sekundiert der Staatsphilosoph Zhao Tingyang mit seinen Überlegungen zum angeblich integrativen antiken Herrschaftsmodell des Tianxia (zu übersetzen mit »Alles unter dem Himmel«) aus der Zhou-Dynastie, das ein Gegenmodell zur kriegerischen US-Hegemonie in den Weltmarktbeziehungen darstellen soll.
Der Vortrag will unter Rückgriff auf Reden und Ansprachen von Xi Jinping (erschienen auch auf Deutsch in drei Bänden mit dem Titel China regieren) sowie Zhao Tingyangs Tianxia-Konzept ideologiekritisch die antiimperialistische Rhetorik untersuchen, mit der die chinesische Staatspropaganda versucht den eigenen antiliberalen Herrschaftsanspruch zu verschleiern. Was Tianxia im 21. Jahrhundert bedeuten könnte, lässt sich an Chinas aggressiven Ambitionen im pazifischen Raum ermessen. Was der russischen Despotie die Ukraine, ist der chinesischen Taiwan. Befeuert durch die eigene krisengeschüttelte Wirtschaftsentwicklung kooperieren China und Russland auf vielen Ebenen in dem Versuch, die liberale Weltordnung von innen heraus dauerhaft zu zerstören. Zu zeigen sein wird allerdings, dass sich die Verteidigung dieser Weltordnung gegen das Schlimmere nicht vom liberalen Standpunkt, sondern nur durch die vom ‚Sozialismus chinesischer Prägung‘ scharf abzugrenzende Idee des Kommunismus als eines Vereins freier Menschen umfassend vernünftig begründen lässt.
Michael Heidemann schreibt für die ideologiekritische Zeitschrift sans phrase.